Vom Journalisten und Verleger Jakob Augstein stammt die Aussage: „Man muss eine Community pflegen wie einen Garten. Man muss immer da sein, und sich immer darum kümmern. Und nur diejenigen, die sich wirklich auskennen, wissen, wie viel Arbeit da wirklich drinsteckt.“
Warum Community Management noch lange nicht aus der Mode ist und künftig eher noch wichtiger werden wird – darüber spricht unser Community-Experte Stefan Evertz mit uns im Interview.
Stefan Evertz, Berater für digitale Kommunikation, Coach und Autor, begleitet seit mehr als 10 Jahren Unternehmen und Organisationen auf ihrem Weg ins Social Web. Er unterstützt seine Kund*innen bei der Entwicklung nachhaltiger digitaler und Social Media Strategien, bei der Einführung von Maßnahmen für eine kontinuierliche Erfolgsmessung und beim Aufbau eines erfolgreichen Community Managements.
Gemeinsam mit Vivian Pein entwickelte Stefan Evertz den Zertifikatskurs „Community Manager*in“, der optimal auf die Prüfung zum „Community Manager (BVCM)“ durch den Bundesverband Community Management e.V. vorbereitet. Im Februar wird der Zertifikatskurs zum ersten Mal an der Leipzig School of Media durchgeführt.
Leipzig School of Media: Was ist eigentlich eine Community?
Stefan Evertz: Eine Community ist immer erst mal ein Netzwerk bzw. eine Gruppe von Menschen, die ein gemeinsames Interesse oder eine regionale Klammer haben oder gemeinsam ein Ziel verfolgen. Online-Communities können auch rein virtuell sein – in einem Forum oder einer Facebook-Gruppe, ohne dass sich die Mitglieder der Community je irgendwo “vor Ort” treffen.
Wie entsteht denn eine Community?
Damit eine Community entstehen und wachsen kann, braucht es immer auch Menschen, die die Kommunikation in der Communities begleiten und moderieren, Impulse für den Austausch geben oder Fragen der anderen Mitglieder beantworten können. Dabei ist der eingebundene Community Manager ein wenig der Hirte der Community und, bei Unternehmens-Communitys, die Schnittstelle zwischen Community und Unternehmen.
Dabei ist eine konkrete Aufteilung in einzelne Rollen und damit verbundene Aufgaben sehr wichtig – sowohl für die Arbeit mit der Unternehmens-Community als auch für den Aufbau und die Weiterentwicklung des Teams.
Du meinst, um ein nachhaltiges und wirksames Community Management aufzubauen, braucht es ein klares Aufgabenprofil. Welche Aufgaben kommen denn aus deiner Sicht auf einen Community Manager zu?
Die Aufgaben eines Community Managers sind sehr vielseitig und auch abhängig vom Kontext der Community. In aller Regel gehört dazu die Aktivierung der Community, also z. B. Beiträge zu verfassen, die den Dialog in der Community anregen. Auch die Moderation von Nutzerbeiträgen ist eine wichtige Aufgabe für Community Manager. Gerade in Service-Communities gehört hierzu auch viel Empathie und Fingerspitzengefühl im Umgang mit einzelnen Beiträgen und Kommentaren, z. B. wenn Kunden verärgert sind. Generell ist der Community Manager ein Mittler zwischen Unternehmen/Organisationen auf der einen und der Community (Kunden, Fans, Mitarbeiter, etc.) auf der anderen Seite. Der Community Manager sollte intern immer auch das Sprachrohr der Community sein.
Braucht es dafür wirklich einen Community Manager? Ist Community Manager nicht gleich Social Media Manager?
In den letzten zehn Jahren haben wir uns intensiv mit dem Thema Social Media Management beschäftigt, weil Social Networks gerade in ihren Anfangsjahren eine vielseitige und kostengünstige Möglichkeit für die Kommunikation mit bestimmten Zielgruppen darstellte. Doch wir sehen jetzt, wie der Social Media Feed stark an Bedeutung verliert, der Austausch in Gruppen und Messenger-Diensten aber weiter immens wächst. Damit gewinnt auch das Thema Community Management an Bedeutung, denn es geht nicht mehr nur darum, mit relevanten oder zumindest unterhaltsamen Inhalten Aufmerksamkeit zu erzielen.
Der langfristige Beziehungsaufbau zu den eigenen Zielgruppen wird auch für Organisationen und Unternehmen wieder wichtiger. Dies gelingt nur über den Dialog und dafür braucht es qualifizierte Community Manager, die verstehen, wie die Community tickt, mit welchen Inhalten sie interagiert und was sie wirklich braucht.
Insofern brauchen wir heute Community Manager eher noch mehr als noch vor einigen Jahren.
Einen Dialog mit Kunden, Fans und Followern aufzubauen und zu pflegen, macht Community Management aus. Trotzdem gibt es eine große Schnittmenge zum Social Media Marketing. Wo greifen beide Disziplinen ineinander?
Schnittmengen gibt es vor allem bei den Kanälen und Inhalten. Der Community Manager interagiert tagtäglich mit der Community, weiß also auch, welche Inhalte wann und wie am besten ankommen und wie man mit der Community sprechen muss – und durchaus auch, wie man nicht mit der Community umgehen sollte. Dieses Wissen hilft auch dem Social Media Marketing, weil Inhalte damit besser konzipiert, erstellt und geplant werden können. Idealerweise sollte es zwischen operativem Community Management und strategischem Social Media Marketing deshalb auch einen regelmäßigen Austausch geben.
Stefan, du bist selbst lange als Community- und Social Media Manager unterwegs und im BVCM aktiv. Wie kam es dazu, das Berufsbild „Community Manager*in“ zu entwickeln?
Allgemein herrscht immer noch große Unklarheit darüber, wie vielfältig die Aufgaben in den Bereichen Social Media und digitale Kommunikation sind. Das führt dazu, dass Unternehmen oftmals Trendbegriffe wie „Community Management“ aufgreifen und als Label an neue Stellen kleben, ohne wirklich zu wissen, was sich dahinter verbirgt. So kann man auch schon mal eine Stellenausschreibung für einen „Community Manager“ finden, obwohl eigentlich nach einem Online- und Social Media Redakteur gesucht wird.
Aktuell gibt es drei Berufsbilder – Social Media Manager, Community Manager, Corporate Community Manager. Diese wurden vom BVCM und dort federführend von Vivian Pein entwickelt, um mehr Klarheit zu schaffen, welche Aufgaben in welchem Bereich zu verorten sind und damit auch eine Standardisierung innerhalb der Branche voranzutreiben. Nicht zuletzt sollen diese Berufsbilder Unternehmen helfen, besser den Zeitpunkt abzuschätzen, wann es für bestimmte Aufgaben eigene Stellen braucht.
Im Februar wird der Zertifikatskurs „Community Manager*in (BVCM)“ zum ersten Mal an der Leipzig School of Media angeboten. Du selbst wirst als Trainer dabei sein. Worauf dürfen sich die Kursteilnehmer*innen freuen?
Wir haben ein breit aufgestelltes Kursangebot entwickelt, bei dem Spezialisten und erfahrene Community Manager in sechs Tagen alle relevanten Aspekte behandeln werden. Zu den Trainer*innen des Kurses gehören Vivian Pein, Heike Gallery, Falk Hedemann und ich. Den auch im Bereich Community Management wichtigen Rechtspart übernimmt der bekannte Anwalt Carsten Ulbricht.
Neben den Grundlagen erfahren die Teilnehmer*innen des Kurses auch, wie sie eine Community-Strategie entwickeln und was die Besonderheiten von Social, On-Domain- und Corporate-Communities sind. Denn gerade dieser Bereich kommt oft im Alltag des einzelnen Community Managers zu kurz. So kennt er zwar seine einzelne Disziplin sehr gut, hat aber selten den Überblick über die “anderen” Community-Arten – ein Überblick, der für das übergreifende Zertifikat des BVCM naturgemäß sehr wichtig ist.
Weiterhin zeigen wir auf, wie die Teilnehmer*innen passende Inhalte für ihre Community finden und beleuchten natürlich auch die Themen Krisenkommunikation und Erfolgsmessung. Ziel war es, ein vielfältiges “Community Management” Paket zu schnüren, das eine umfassende Vorbereitung auf die Zertifizierung und eben auch auf die Arbeit im Alltag bietet. Die bisherigen Rückmeldungen zeigen uns dabei, dass die Richtung stimmt.
Gib uns doch bitte eine Empfehlung für ein Blog, eine Newsseite oder ein Fachmagazin, mit dem Du Dich gerne zum Thema Community Management informierst.
Best of Social Media zeigt jeden Tag gute und schlechte Beispiele von Community Management und ist deshalb immer einen Blick wert. Außerdem empfehle ich den Trending Newsletter von Meedia, der jeden Werktag die erfolgreichsten Social-Media-Posts für Deutschland zusammenfasst. Damit bekommt man jeden Morgen einen tollen Überblick, welche Themen die Social-Media-Welt gerade dominieren – und eben oft auch Inspirationen für eigene Inhalte.
Ein Blick auf die Website zu Vivian Peins Grundlagenwerk „Der Social Media Manager“ lohnt ebenfalls. Auch wenn der Social Media Manager hier im Titel steht, sind Website sowie Buch und Blog auch für Community Manager ein wertvoller Begleiter mit zahlreichen Tipps und Beispielen – von der Strategie über den Aufbau einer Community bis zum Umgang mit Kritik und Trollen.
Damit wir Dich nicht nur von deiner beruflichen Seite kennen lernen, verrate uns doch noch einen kleinen Spleen von Dir.
Ich sammle Kaffeetassen – also nicht die von Oma, sondern die Kaffeepötte, z. B. von Unternehmen, Städten oder Museen. Allerdings kommen inzwischen nur noch sehr außergewöhnliche Exemplare dazu, weil ich eine fast schon erschreckend hohe Zahl von Tassen in der Sammlung habe. 😉
Stefan, vielen Dank für das gute Gespräch.
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Zertifikatskurs „Community Manager*in (BVCM)“
Community Aufbau & Monitoring, Dialogmanagement, Krisenkommunikation: Im Kurs werden Teilnehmer*innen qualifiziert, die mit dem Berufsbild des Community Managers einhergehenden Aufgaben erfolgreich zu übernehmen. Die optionale Prüfung zum Community Manager (BVCM) bietet ein unabhängiges Qualitätssiegel, das auf dem Wissen und der Expertise der erfahrensten Praktiker der deutschsprachigen digitalen Kommunikationsszene beruht.