Mit unserem Smartphone konsumieren wir heutzutage permanent multimediale Inhalte. Sowohl im Journalismus als auch für Marketing und Unternehmenskommunikation werden Videos, Fotos und Audios deshalb immer wichtiger.
Das Smartphone ist jedoch nicht nur Empfangsgerät. Es wird für Medienmacher zum wichtigsten Produktionsmittel, ersetzt Filmausrüstung, Schnittstudio und Übertragungswagen. Jeder ist in der Lage jederzeit draufzuhalten und in kürzester Zeit einen Videoclip, einen Audiobeitrag oder eine Foto-Slideshow zu veröffentlichen. Dabei ist es möglich, mit wenig Equipment, den richtigen Apps und einigen Grundkenntnissen sehr schnell Ergebnisse zu erzielen, die aus der Masse hervorragen. Eine Anleitung zum Start ins Leben als mobiler Reporter:
Die Anwendungsfelder
Bevor es an die konkrete Umsetzung geht, ist es hilfreich, sich noch einmal die Anwendungsfelder von Mobile Journalism beziehungsweise Mobile Reporting vor Augen zu führen. Denn die Möglichkeiten sind vielfältig. Gut, wenn man vor dem Start weiß, was man machen will.
Generell können Journalisten aller Gattungen ihr Smartphone im Alltag für die Berichterstattung nutzen, egal ob sie für einen Fernsehkanal, einen Radiosender, eine klassische Tageszeitung oder eine crossmediale Online-Plattform arbeiten. Die Frage einer journalistischen Smartphone-Nutzung zielt demnach eher auf das „Wie“ und weniger auf ein „Ob“: So wird ein Radio-Reporter stärker am Aufnehmen von Audios interessiert sein und seinen Beitrag für die Website des Senders vielleicht mit einer Foto-Slideshow ergänzen wollen. Die Qualitätsansprüche eines Fernsehsenders an ein Video werden höher sein als bei einer Tageszeitung. Der Zeitungsreporter wird seine Online-Redaktion schon sehr glücklich machen, wenn er ein kurzes Video vom Termin mitbringt.
Auch bei den Themen und Darstellungsformen, die bearbeitet werden können, sind der Fantasie keine Grenzen gesetzt. Kurze Videoschnipsel via Social Media kommen genauso infrage wie die aufwendige Reisereportage oder ein Video-Kommentar zum Topthema. Ein Beitrag des NDR-Medienmagazins Zapp gibt hierzu eine gute Einführung.
Im journalistischen Bereich hat sich Mobile Reporting in jüngerer Zeit vor allem in Breaking-News-Momenten bewährt. Beispiele gibt es viele. Beim Anschlag auf den Atatürk-Flughafen in Istanbul im Juni 2016 berichtete etwa der BBC-Reporter Mark Lowen mit seinem Smartphone live aus einem Flugzeug. Kontrovers diskutiert wurde das Video von Richard Gutjahr vom Anschlag in Nizza. Fast eine Million Menschen sahen ein Video mit der Grünen-Politikern Claudia Roth am Tag der Deutschen Einheit 2016 in Dresden. Es wurde vor Ort mit dem Smartphone aufgenommen und geschnitten.
Selbstverständlich sind Methoden des Mobile Reporting auch im Marketing oder der Unternehmenskommunikation einsetzbar. Wieso sollte man die Pressekonferenz als Unternehmen nicht selbst live bei Facebook übertragen oder ein kurzes Video vom Messebesuch zusammenscheiden können, ohne gleich ein Filmteam zu beauftragen?
Die Technik
Zentrales Werkzeug ist selbstverständlich das eigene Smartphone. Dabei muss es sich keineswegs um das iPhone der neuesten Generation handeln. Auch ein Gerät aus dem mittleren Preissegment ist absolut ausreichend. Praktisch kann man mit allen modernen Smartphones, die über eine halbwegs gute Kamera und ausreichend Datenspeicher verfügen, loslegen.
Natürlich lässt sich die Ausstattung noch umfassend erweitern. Enthusiasten haben mehrere Stative, einen Selfiestick, weitere Mikrofone, Blitzgeräte und andere Leuchtmittel oder zusätzlich ein Tablet dabei. Profis rücken mit 360-Grad-Kameras und Drohnen an. Unter dem Hashtag #mojoconedc kann man sich einige Ausstattungen von Besuchern der Mobile Journalism Conference in Dublin vom vergangenen Jahr anschauen.
Aber mal ehrlich: Der eigentliche Vorteil des Smartphones liegt doch darin, dass man eben keine ganze Tasche mit Equipment schleppen muss und das ist auch nicht nötig.
Die Software
Die große Debatte darum, ob mobile Reporter unbedingt Apples iOS nutzen müssen oder auch mit Google‘s Android glücklich werden können, hat sich weitgehend erledigt. Der Vorsprung von iOS ist nach Einschätzung vieler Experten kleiner geworden, inzwischen gibt es auch für Android vernünftige Programme. Den Markt für Apps zum Aufnehmen und Schneiden von Audio- und Videobeiträgen macht das aber nicht übersichtlicher.
Orientierung bieten zahlreiche Fachartikel zum Thema. LSoM-Dozent Bernd Oswald hat für Fachjournalist.de einen einführenden Artikel zum Thema Smartphone-Journalismus geschrieben und dabei beliebte Apps für beide Betriebssysteme aufgelistet:
Auf iOS-Geräten sind zum Aufnehmen neben der vorinstallierten Kamerasoftware vor allem die Programme Filmic Pro und ProCam 3 beliebt. Zum Schneiden greifen Apple-Kunden auf das vorinstallierte iMovie zurück oder nutzen vorzugsweise Voodio (Audio und Video), Pinnacle Studio, und Snapseed. Beliebte iOS-Audio-Schnittprogramme sind iRig, Hindenburg und Ferrite.
Auf Android-Geräten werde zum Aufnehmen gerne die Apps Camera FV-5, Camera MX oder Open Camera genutzt. Für Foto- und Videoschnitt greifen Reporter mit Android-Geräten auf Kinemaster, VideoShow oder Adobe Premiere Clip zurück. Die Audioaufnahme und der Audioschnitt erfolgen häufig mit Field Recorder, RecForge II Pro Audio Recorder und Audio Evolution Mobile Studio.
Erste Schritte und Tipps
Alle Praktiker und sämtliche Fachleute zum Thema raten Anfängern, Mobile Reporting zu Beginn einfach auszuprobieren. So könne man am schnellsten und am besten dazulernen. Es schadet allerdings nicht, einige grundlegende Tipps und Hinweise von Anfang an zu beachten:
- Es ist schön, das Smartphone spontan und spielerisch einzusetzen. Bei längeren Audio- oder Videobeiträgen ist es dennoch sehr sinnvoll, sich vorab einen kleinen Drehplan zurechtzulegen. Welche Aufnahmen brauche ich? Welche Einstellungen möchte ich haben? Wann und wo drehe ich?
- Bevor es losgeht, den Flugmodus einschalten! Dann unterbricht garantiert kein Anruf die Aufnahme.
- Die Kamera-Linse säubern, um für klare Sicht zu sorgen.
- Generell horizontal filmen, denn so eignen sich die Aufnahmen für die meisten Kanäle. Ausnahme: Beiträge für Snapchat oder die Entscheidung, wirklich nur für Smartphone-Zuschauer zu drehen.
- Vor dem Aufnahmestart das Mikrofon testen. Wäre doch schade, wenn hinterher nichts zu hören wäre. Und auch nachher nochmals hören, ob der Ton tatsächlich aufgenommen wurde. Denn: Pannen passieren auch während der Arbeit. Ärgerlich, wenn man das erst zu Hause merkt.
- Bei der Aufnahme nah rangehen. Denn hierin liegt die Stärke des Smartphones. Menschen lassen ein Handy näher an sich heran als eine große Kamera. Außerdem wird der Ton besser, wenn man näher am Geschehen ist.
Den nächsten Schritt machen
Per Learning-by-doing, durch das Lesen von Fachartikeln oder das Ansehen von Video-Tutorials kann man sich eine Menge Know-how aneignen. Wer aber lieber in der Gruppe und von einem erfahrenen Praktiker lernen möchte, dem empfiehlt die Leipzig School of Media den Besuch des Seminars “Videoproduktion mit dem Smartphone”, des Seminars “Fotografie für Instagram und Social Media” oder auch unseren “Volontärskurs Crossmedia“. Ihre Trainer führen fundiert ins Thema ein, gaben einen Überblick über alle gängigen Apps, Tools und Zubehörteile und erstellen gemeinsam mit den Teilnehmern praxisnah eigene Beiträge.