Das Berufsbild des: Community Managers gibt es schon seit 10 Jahren und ist für Menschen, die beruflich mit Social Media, Netzwerken oder Foren zu tun haben, nicht mehr wegzudenken.
Wir haben mit unserer Trainerin Vivian Pein über die Betreuung einer Online-Community und deren psychologische Grundlagen gesprochen.
Am 25.01.2021 war der Community Manager Appreciation Day. Was zeichnet deiner Meinung nach einen guten Community Manager aus?
Gutes Community Management verbindet die Fähigkeiten, strategisch die Bedürfnisse der Community Mitglieder mit den Zielen des Gastgebers zusammenzubringen, empathisch auf Menschen einzugehen sowie das richtige Umfeld für nachhaltigen Austausch und Wachstum zu schaffen. Ein guter Community Manager verbindet diese Fähigkeiten und steht zusätzlich zu 100% hinter der Grundidee der Community. Nur wer für sein Thema brennt, kann dies authentisch mit der Community teilen und andere mit dieser Begeisterung anstecken.
Voraussichtlich im zweiten Quartal kommt dein neues Buch „Community Manager*in“ heraus. Was hat dich bewegt, einen so ausführlichen Leitfaden für Community Manger zu verfassen?
Das Berufsbild „Community Manager“ ist mehr als zehn Jahre alt und bekommt bis heute nicht einmal ansatzweise die Beachtung und Wertschätzung, die es haben müsste. Ich möchte mit dem Buch verdeutlichen, dass Community Management eine höchst anspruchsvolle Aufgabe ist, die eine große Wertschöpfungsquelle für Unternehmen sein kann und mit gesellschaftlicher Verantwortung einhergeht. Deswegen habe ich mich analog zu meinem Buch „Social Media Manager“, das deutschlandweit als Grundlage für die Ausbildung genutzt wird, für das Format eines Lehrbuches entschieden. Ich hoffe, dass mein neues Buch dem Berufsbild genauso hilft, mehr Struktur in die Ausbildung und damit Anerkennung und Wertschätzung in das Leben von Community Managern zu bringen.
Für ein erfolgreiches Community Management bedarf es psychologischer Grundlagen. Warum ist das so? Kannst du uns das an einem konkreten Beispiel erklären?
Community Management ist sehr eng mit Psychologie verbunden und spielt in jeden Bereich hinein. Der Grund dafür ist recht einfach, denn bei einer Community geht es primär um die Menschen, die sich darin zusammenfinden.
Die wichtigste Annahme aus der Psychologie für Community Manager ist, dass hinter menschlichem Verhalten immer die Motivation nach Bedürfnisbefriedigung steht. Das bedeutet, meine Community muss den Mitgliedern die Möglichkeit geben, einen Mangelzustand zu verbessern oder einen positiven Aspekt weiter auszubauen. Die Grundfrage im Community Management muss damit immer sein „Was kann ich meinen Mitgliedern (an)bieten, damit sie sich besser fühlen?“.
Um eine Antwort auf die Frage zu finden, lohnt sich ein Blick auf die Motivationspsychologie. Zum Beispiel ist eine große Motivation für Menschen, etwas in einer Community zu tun, Selbstdarstellung. Die möglichen Formen der Selbstdarstellung sind dabei vielfältig. Von der Präsentation eigener Fähigkeiten, des Werdegangs oder Projekten, über tägliche Einblicke in das eigene (Privat-)Leben bis hin zu aktivistischer Inszenierung der eigenen Person. Hinter dieser Motivation steht in der Regel das Bedürfnis nach Anerkennung und sozialem Status, gerne auch beeinflusst oder verstärkt durch Zweitmotive oder schlicht dem Suchtpotential, was mit dem Erhalten von „Likes“ einher geht.
Der einfachste Weg, die Motivation „Selbstdarstellung“ gezielt anzusprechen, ist den Mitgliedern eine Bühne zu geben, auf der sie sich selbst darstellen können. Möglichkeiten wären hier:
- Vorgabe eines Hashtags. Geben Sie ein Hashtag vor, aus dem Sie regelmäßig die besten Bilder aus Ihrer Community kuratieren und auf Ihren Kanälen oder der Webseite zeigen.
- Aufmerksamkeit von dem Community Management: Sie als Community Manager haben auch immer einen Sonderstatus in Ihrer Community. Ein Lob, eine Bestätigung oder nur das Mµ mehr an Aufmerksamkeit wirkt sich deswegen schon positiv aus.
Hat sich die Betreuung der Community durch die Pandemie verändert? Wenn ja: Wie?
Die Pandemie hat deutliche Auswirkungen auf Online-Communitys. Die Nutzerzahlen, die Verweildauer und die Menge an Beiträgen ist in fast allen Netzwerken sprunghaft angestiegen.
Das ist wenig verwunderlich, denn die Bedürfnisse nach Verbindung, Dialog, Information und Unterhaltung konnten viele Menschen nur noch online befriedigen. Allein dieser Umstand hat in vielen Community-Teams zu deutlicher Mehrarbeit geführt. Doch damit nicht genug, die psychologische Belastung durch die Pandemie macht Community Management und Moderation deutlich anspruchsvoller. Das liegt daran, dass die Komplexität der Diskussionen ebenfalls gestiegen ist. Ein paar Gründe dafür sind:
- Die Pandemie führt zu permanentem Stress. Das macht uns Menschen emotionaler. Bei der einen Gruppe äußert sich das dadurch, dass Frust, Verzweiflung, Wut und teilweise blanker Hass ungefiltert in die Kommentarspalten der Communitys wandert. Andere können mit genau dieser Tonalität überhaupt nicht mehr umgehen und verstummen. Das führt insbesondere in den sozialen Netzwerken zu einer ungünstigen Verschiebung zugunsten eher negativer Kommentatoren.
- Die Verbreitung von Verschwörungstheorien und Desinformation war noch nie so intensiv wie in den letzten Monaten. Das birgt zusätzliches Konfliktpotential und verhärtet die Fronten.
- Online war und ist für einen Großteil der Menschen die wichtigste Informationsquelle in der Pandemie. Dabei ist die Information, ganz gleich ob als „Nachricht“ oder „Erklärung von Verordnungen“, nur ein Teil. Wie im Nachgang der Information auf die Fragen der Community eingegangen wird und wie gut das Community Management die Diskussion moderiert, entscheidet mit darüber, was bei den Lesenden hängen bleibt.
- Community Manager mussten sehr viel intensiver auf die Bedürfnisse der eigenen Community eingehen und teilweise sehr kurzfristig die Strategie anpassen. Dieser letzte Punkt ist aus meiner Sicht langfristig sehr positiv, führte aber in der Branche durchaus zu Mehrarbeit und Stress.
- Die Kombination aus beruflicher und privater Mehrbelastung durch die Pandemie hat die Notwendigkeit von Selbstfürsorge und Resilienz in der Berufsgruppe geschärft. Die eigene Persönlichkeit ist ein essentieller Bestandteil der Arbeit als Community Manager. Nur wer sich gut um sich selbst kümmert, kann langfristig gutes Community Management machen.
Ich möchte behaupten, Community Manager hatten noch nie eine so hohe gesellschaftliche Verantwortung und waren gleichzeitig so belastet wie in den letzten Monaten. Das macht umso deutlicher, warum es strukturierte Ausbildungsangebote und mehr Wertschätzung für das Berufsbild braucht.
Was ist das Wichtigste, das Unternehmen bei einem „Shitstorm“ beachten sollten?
Die beste Maßnahme gegen einen Shitstorm ist die Vorbereitung, denn wer im Vorfeld sowohl unterschiedliche Krisenszenarien theoretisch durchgespielt als auch eine stabile Community aufgebaut hat, ist für jede Krise bestens gewappnet.
Ist das Kind unvorbereitet in den Brunnen gefallen, ist die erste Prämisse „Ruhe bewahren“! Kopfloser Aktionismus ist an dieser Stelle nicht hilfreich, stattdessen gilt es die Situation erst einmal genau zu analysieren:
- Was ist eigentlich passiert?
- Was sind die Vorwürfe?
- Von wem kommen die Vorwürfe?
- Gibt es zu dem „Krisenthema“ bereits FAQ / Sprachregelungen bzw. Sprechzettel von der Unternehmenskommunikation?
Der nächste Schritt mit höchster Priorität ist es, ein erstes klärendes Statement in die Community zu geben. Das kann zunächst auch nur ein „Wir haben Euch gehört und bemühen uns um Aufklärung“ sein. Wichtig ist, dass der folgende Aufklärungsprozess transparent mit der Community durchlaufen wird. Einen Fehler, der ehrlich aufgeklärt wird, verzeiht eine gute Community. Der Versuch, Fehler zu vertuschen, führt dagegen zu einem Vertrauensverlust und kann nachhaltige Schäden in der Community anrichten.
Sie wollen Ihre Community auf den Sozialen Netzwerken ausbauen und professionell betreuen? In unserem Zertifikatskurs “Social Media Manager:in (BVCM)” lernen Sie, wie das geht.