Künstliche Intelligenz (KI) ist kein Schlagwort mehr, sondern treibt derzeit weltweit die Innovationsprozesse in vielen Unternehmen und Branchen. “KI ist schon da. Die Phase der Erkundung ist vorbei, das Zeitalter der Implementierung hat begonnen”, sagte Steven Mc Auley, KI-Stratege der Firma Tinybox aus San Francisco, am Donnerstagabend bei der Veranstaltungsreihe #mediaimpuls der Leipzig School of Media (LSoM).
Es brauche heute keine Heerschaar von Programmierern mehr, um KI-Anwendungen zu entwickeln, erklärte Mc Auley in seinem Impulsvortrag “Die 4 Wellen der Künstlichen Intelligenz”. Viele Algorithmen stünden frei zur Verfügung. Auf globaler Ebene kämen derzeit außerdem drei Dinge zusammen, die zu einem Entwicklungsschub führten: Datenmengen, Rechenleistung und die Bereitschaft zu hohen Investitionen. “Jetzt brauchen wir mutige Unternehmer, die Ideen für den Einsatz von KI in ihren jeweiligen Branchen finden”, sagte der Experte.
Beispiel für KI-Anwendungen
Mc Auley hat insbesondere in den USA und China zahlreiche Unternehmen besucht, die beim Thema KI die Führungsrolle einnehmen. Mit seiner Firma versucht er, deutschen Mittelständlern beim Verständnis der Entwicklungen zu helfen. Entsprechend konkrete Beispiele für den Einsatz von KI hatte der Wirtschaftspsychologe mitgebracht. Einige Beispiele:
- Die Firma Zendrive hat eine KI entwickelt, die auf Grundlage von Verkehrsdaten und Smartphone-Sensoren Voraussagen zu Unfallgefahren treffen kann und Fahrern eine sicherere Fahrweise antrainiert.
- Docusign bot ursprünglich ausschließlich die Technik für das digitale Unterschreiben, Versenden und Verwalten von Dokumenten an. Jetzt arbeitet die Firma mittels KI daran, Texte von Verträgen zu optimieren, damit diese schneller unterschrieben werden.
- Das Unternehmen Dorabot produziert KI-Roboter-Arme, die selbstständig Lkws be- und entladen.
Skepsis in Deutschland
In Deutschland gibt es hingegen noch große Vorbehalte und einen Nachholbedarf beim Einsatz von Künstlicher Intelligenz. Das wurde beim anschließenden Gespräch mit weiteren Experten und den rund 30 Besuchern der Veranstaltung deutlich.
Jörg Kiesewetter, Gründer der Leipziger Firma d25.io, sagte: “Das Thema KI ist hier noch sehr weit weg von den Menschen und den Unternehmen. Gerade kleinere Unternehmen stellt bereits die Einrichtung einer Website oder eines Online-Shops vor Herausforderungen. Dabei kann KI in vielen Bereichen Probleme lösen.”
Saskia Herzog, Absolventin des LSoM-Studiengangs Corporate Media, hat sich in ihrer Abschlussarbeit mit dem Einsatz von Sprachassistenten im Marketing befasst. Auch sie befand: “Wir stehen in der Entwicklung noch am Anfang.” In anderen Ländern seien Systeme wie Alexa von Amazon oder Apples Siri weiterverbreitet und hätten sich daher auch stark verbessert. “Ich denke aber, dass wir in Deutschland da noch hinkommen. Sprachassistenzsysteme werden in Zukunft unsere Gewohnheiten und Bedürfnisse genau kennen und ahnen, was wir möchten.”
Einsatz in der Kommunikationsbranche
KI wird nach Ansicht der Experten auch die Arbeit im Journalismus, PR und Marketing grundlegend verändern. Saskia Herzog sagte: “Es tut mir leid für alle Sportredakteure, aber standardisierte Texte wie Sportmeldungen wird in Zukunft eine KI schreiben. Diese Technik ist bereits im Einsatz . Das gilt im Unternehmensbereich ebenso wie für Geschäftsberichte oder Ähnliches.”
Zudem werde KI dafür sorgen, dass Kommunikationsprofis ihre Zielgruppen wesentlich genauer kennen als heute. KI-Systeme werden darüber hinaus etwa die Verbreitung von Inhalten übernehmen. Auf Grundlage eines Textes oder Videos werden entsprechende Anwendungen zum Beispiel Beiträge in sozialen Netzwerken automatisch posten. “Es würde mich wundern, wenn es nicht schon ein Start-Up gibt, dass genau daran arbeitet”, sagte Jörg Kiesewetter.
Aufbruch, Datenschutz, Arbeitsplatzverlust?
Erstmals wurde eine Diskussion bei #mediaimpuls im Fishbowl-Format geführt. Fishbowl ist eine sehr dynamische Methode der Diskussionsführung in größeren Gruppen. Es gibt einen inneren und einen äußeren Sitzkreis. Im Innenkreis steht ein freier Sitzplatz zur Verfügung. Ein Teilnehmer aus dem Außenkreis kann darauf Platz nehmen und mitdiskutieren.
Die Teilnehmer wurden auf diese Weise immer wieder zu Mit-Diskutanten. Deutlich wurde dabei: KI ist ein Thema mit vielen Aspekten. Wie lässt sich in Unternehmen die Scheu vor der Technologie abbauen? Welche Daten sind Kunden und Bürger bereit, zu welchem Mehrwert abzugeben? Wie gehen wir als Gesellschaft damit um, wenn zunehmend Maschinen unsere Arbeit übernehmen? Diese und weitere Fragen konnten nur angerissen werden.
Beim persönlichen Austausch waren sich am Abend alle Besucher einig, dass diese Ausgabe von #mediaimpuls Stoff für mehrere weitere Veranstaltungen geliefert hat.
Impulsvortrag ansehen: Video mit Steven Mc Auley “Die 4 Wellen der künstlichen Intelligenz”