Kollaboration, offener Dialog und der Wegfall sämtlicher Hierarchien: Agiles Arbeiten stellt die klassische Arbeitsweise eines Unternehmens vollkommen auf den Kopf – und zwar im wahrsten Sinne des Wortes. Martin Mascheski (Geschäftsführender Gesellschafter Norwin Consulting) erzählt im Interview was agiles Arbeiten für ihn persönlich bedeutet und worauf er sich bei mediaimpuls #5 freut.
Martin, was ist für dich agiles Arbeiten?
Agiles Arbeiten bedeutet für mich, selbstorganisiert und selbstgesteuert im Team an einem gemeinsamen Ziel, einem eindeutigen Mehrwert für den Kunden, zu arbeiten. Dazu gehört, meine eigenen Ressourcen und Stärken genauso im Blick zu behalten wie die meiner Kolleg*innen. Agilität meint Transparenz und Ehrlichkeit, das gilt für Arbeitsschritte und -fortschritte, aber auch für den Umgang mit Fehlern und das gemeinsame Lernen daraus.
Findest du, dass es gewisse Eigenschaften gibt, die ein Unternehmen braucht, um agil zu werden. Oder kann jedes Unternehmen sich der Agilität verschreiben?
In erster Linie gibt es gewisse Werte, denen sich ein Unternehmen im Sinne seines Teams und seiner Kund*innen zuwenden muss. Mut, Commitment, Fokus, Respekt und Offenheit sind keine Themen für schöne Präsentationen oder Sinnsprüche im Unternehmensleitbild, sondern müssen sich in Regeln, Prozessen und Formaten widerspiegeln und Grundlage für die Zusammenarbeit im Alltag sein.
Wie würdest du eine:n stoische:n Gewohnheitsmanager:in, der:die Angst vor Veränderung hat, von agilen Arbeitsweisen überzeugen?
Zunächst einmal hat jeder ein Recht auf Zweifel, das würde ich diesem Menschen ebenfalls bescheinigen. Kritik an den eigenen und fremden Arbeitsweisen zeigt schließlich auch auf, wie man sich noch verbessern kann. Darüber hinaus ist es recht simpel: Ich würde den Menschen als aktiven Part in ein Projekt einbinden. Agiles Arbeiten entfaltet keinerlei Wirkung in Schulungen oder Fachbüchern. Die Vorteile, die agiles Arbeiten mit sich bringt – mehr Flexibilität und Freiräume, größere Selbstwirksamkeit, usw. – werden erst dann greifbar, wenn man selbst Teil eines Teams im Prozess ist. Außerdem würde ich nicht von heute auf morgen alles auf den Kopf stellen, sondern die Veränderungen – das ist grundsätzlich unser Vorgehen – von den Menschen nach ihren Bedürfnissen gestalten lassen. Was ist dein Ziel? Worin siehst du die größten Hürden? Darin liegt das größte Identifikationspotenzial.
Hast du schon einmal mitbekommen, dass in einem Team nicht alle agil arbeiten können oder gar wollen? Wie hast du dich dann verhalten?
Jemand, der gerne verwaltet und seinen Tanzbereich ganz genau kennen möchte, wird sich im agilen Kontext vielleicht irgendwie zurechtfinden, sich aber in den seltensten Fällen wirklich wohlfühlen. Gleichzeitig kann aber auch niemand erwarten, dass Teammitglieder Eigenverantwortung und Selbstorganisation leben, wenn über einen langen Zeitraum starre Regeln und Fehlerintoleranz im Unternehmen geherrscht haben. Ich stelle in solchen Momenten die Frage: Wie möchtest du arbeiten? Gemeinsame Arbeitsweisen müssen ausgehandelt werden. Wenn sich jemand jedoch zwingend Hierarchien und klare Anweisungen wünscht, dann ist das agile Team nicht der richtige Ort.
Agiles Arbeiten fordert viel von dem Menschen, denn mehr Eigenverantwortung kann und bringt mehr Stress hervor. Einige Expert:innen sehen eine klare Verbindung zwischen Burnouts und agilen Arbeitsweisen. Wie behältst du einen klaren Kopf? Und wie bleibt die Work-life-balance ausgeglichen?
Aus meiner Perspektive ist das nur die halbe Wahrheit. Agiles Arbeiten bedeutet, wenn es richtig eingesetzt wird, dass Teams und Individuen ihre Ziele selbst festlegen, weil sie ihre Ressourcen und Fähigkeiten am besten kennen. Wenn das Ergebnis per Definition erzielt ist, ist der Arbeitstag beendet. Das Problem: Oft wird unter Agilität verstanden, dass jeder immer erreichbar sein muss und in kürzerer Zeit noch mehr erledigt werden kann. Ich bin der Auffassung, dass geregelte Arbeits- und Ruhezeiten zwingend notwendig sind, um leistungsfähig, kreativ und vor allem zufrieden zu bleiben. Mein Ausgleich ist der Sport, ausreichend Schlaf und Zeit fernab von Bildschirmen.
Der mediaimpuls #5 steht vor der Tür, in dem du als Speaker auftreten wirst. Kannst du mit uns, 3 deiner Gedanken teilen?
Ich freue mich auf eine sehr konstruktive und kritische Diskussionsrunde, in der wir die Vorteile des agilen Arbeitens beleuchten, aber auch darauf schauen, was noch nicht funktioniert und womöglich für aktuelle Herausforderungen erste Lösungsansätze finden. Mir geht es bei solchen Gesprächsformaten in erster Linie darum, dass für alle Beteiligten etwas herausspringt, sei es ein neuer Gedanke, eine neue Perspektive oder auch eine Irritation, die etwas anstößt. Ich bin sehr gespannt auf den mediaimpuls #5!
Martin Mascheski
Martin gründete Norwin Consulting 2018 in Leipzig und ist dort als geschäftsführender Gesellschafter tätig. Er hat seinen Abschluss zum systemischen Business Trainer bei der Trainergemeinschaft in Berlin gemacht. Martin über Martin: “Was in meinem Leben nie fehlen darf ist Sport. Und so kann ich sagen: Das Meiste über mich und meine Arbeit habe ich bei unzähligen Wanderungen im In- und Ausland gelernt.”
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