Wer im Social Web aktiv ist, sollte auf Krisen vorbereitet sein. Laut einer Krisenmanagement-Studie von Deloitte sehen sich 60% der Führungskräfte zunehmend häufiger mit Krisen konfrontiert.
Nicht jede Krise lässt sich vermieden, aber durch eine gute Vorbereitung zumindest in den Griff bekommen. Funktionierende Krisenmanagement-Strukturen sind dafür essenziell. Die Gestaltung und der Aufbau dieser Strukturen, sowie die aktive Krisenkommunikation sind die Aufgaben eines Social Media Krisenmanagers.
Was ist eine Krise?
Eine Krise ist das bedrohliche Gegenteil einer Normalsituation. Ein Stör- oder Notfall oder ein anderweitig kritisches Ereignis sorgen dafür, dass die „Normallage“ verlassen wird und die Organisation vor einem kritischen Wendepunkt steht. Eine Krise kann in eine existenzbedrohende Katastrophe münden – muss aber nicht. Gut gemanagt muss eine Krise nicht per se Schäden und Verluste zur Folge haben. Durch eine gute Vorbereitung und die richtige Kommunikation im Krisenfall können Krisen im Keim erstickt werden und Unternehmen können sogar gestärkt aus ihr hervorgehen.
Die Aufgaben des Krisenmanagements
Damit eine Social-Media-Krise nicht zur handfesten Katastrophe wird, sollten Unternehmen ein planvolles Krisenmanagement betreiben. Im engeren Sinne geht es dabei um die adäquate Reaktion eines Unternehmens auf eine Krisensituation. Im weiteren Sinne umfasst das Krisenmanagement zudem alle Pläne, Vorkehrungen und Maßnahmen, die dem Schutz vor Krisen, der Früherkennung, der Vorbereitung auf eine Krisensituation sowie der Nachsorge dienen.
Das Krisenmanagement hat die Aufgabe, Systeme zur Krisenvermeidung zu etablieren, Bedrohungen rechtzeitig zu erkennen und entsprechende Maßnahmen zu ergreifen, um die Krise zu bewältigen. Anschließend gilt es, die Krise nachzubereiten, Optimierungsmaßnahmen abzuleiten und eventuelle Schäden an Image und Unternehmenssubstanz durch zielgerichtete Kommunikation wieder auszubessern.
Die folgenden sechs grundlegenden Arbeitsbereiche zählen zu den Aufgaben eines Social Media Krisenmanagers:
Prävention
Die „beste Krise“ ist die, die gar nicht erst stattfindet. Eine der wichtigsten Aufgaben im Krisenmanagement ist also die Prävention.
Dazu ist es wichtig zu verstehen, aus welchen Gründen ein Unternehmen in eine Krise geraten kann. Kritikwürdige Anlässe als Auslöser sind zahlreich. Beispielsweise:
- Unzufriedenheit der Kunden mit Produkten oder Leistungen
- Zensur oder Fehlbehandlung von sachlichen Kritikern
- Unzufriedenheit mit der Kommunikation eines Unternehmens oder Fehltritte von Mitarbeitern
- Werteverletzungen (z.B. religiöse, kulturelle und politische Ansichten)
- Unethische Verhaltensweisen (z.B. Tierquälerei)
- Fehlverhalten einer Autoritätsperson und empfundene Ungerechtigkeiten (z.B. Mitarbeiterüberwachung oder Entlassungen)
- Bekanntwerden von Compliance-Problemen, Sicherheitslücken oder Störfällen
- Missgunst und Neid
- Falschmeldungen, Verleumdungen, Verwechslungen, Gerüchte
- v.m.
Die meisten dieser Auslöser können bereits durch Schulungen, ein gutes Qualitätsmanagement und gezielte Information und Befähigung der Belegschaft vermieden werden.
Es ist wichtig, die Organisation zu trainieren, zu sensibilisieren und darauf hinweisen, dass Fehler sich durch den viralen Effekt heute schneller verbreiten und öffentlicher und präsenter sind als je zuvor. Ein kritisches Hinterfragen und Prüfen von Kampagnen und Botschaften sollte fester Bestandteil der Social-Media-Kommunikation sein.
Krisenplan, Krisenorganisation und Training
Nicht immer werden Sie eine Krise komplett vermeiden können. Essenziell ist deshalb, sich in guten, krisenfreien Zeiten auf eine mögliche Krise vorzubereiten und eine Infrastruktur zu schaffen, die ein reibungsloses Krisenmanagement gewährleistet.
Ein Großteil der Unternehmen verfügt deshalb heute schon über einen Krisenplan. Dieser Plan beinhaltet alle wichtigen Abläufe, Checklisten, Kontakte, Meldeketten, Vorlagen, Textbausteine und Informationen rund um das Krisenmanagement.
Entscheidungsträger müssen schnell verfügbar sein. Eine klare Benennung von Verantwortlichkeiten und das Erstellen einer Kontaktliste ist demnach wichtig. Definieren Sie vorab Meldeketten, Verantwortlichkeiten und Vertreter.
Auch wenn der Social Media Manager im Urlaub ist, müssen Zugänge zu Monitoring-Tools oder Social Networks für Vertreter und Mitglieder des Krisenteams zugänglich sein, um handlungsfähig zu bleiben. Hinterlegen Sie also alle wichtigen Zugänge und Informationen.
Gut gewappnet sind Unternehmen, die in „guten Zeiten“ den Ernstfall trainieren. Dabei wird – meist unterstützt von professionellen Trainern – ein Shitstorm oder eine Social Media Krise in Echtzeit simuliert und die Reaktion im Anschluss ausgewertet. Die Simulationserfahrung bereitet das Social Media Team auf den Krisenfall vor und deckt gleichzeitig Lücken in der aktuellen Krisenplanung auf, die es zu schließen gilt.
Analyse und Früherkennung
Je später eine Krise wahrgenommen wird, desto weniger Zeit bleibt für eine adäquate Reaktion. Durch ein gezieltes Monitoring der Social-Media-Landschaft können Krisen schon im Anfangsstadium erkannt werden.
Darüber hinaus ist das Aufstellen möglicher Risikoszenarien und -auslöser sinnvoll. So kann das Monitoring nicht nur zielgerichtet auf bestimmte Begriffe und Themen ausgerichtete werden – es können auch bereits im Vorfeld mögliche Reaktionsstrategien erarbeitet werden.
Die systematische Ermittlung von Interessensgruppen, Kritikern und Fürsprechern und deren Art und Ausmaß an Einfluss gehört ebenso zum Pflichtprogramm.
Krisenbewältigung
Krisen lassen sich nicht immer vermeiden. Manchmal sind sie da und müssen bewältigt werden. Entscheidende Erfolgsfaktoren sind die Schnelligkeit der Reaktion und die Qualität.
Die Aufgaben des Krisenmanagements sind Maßnahmen zu entwickeln und umzusetzen, die die Krise beenden, die Krisenauswirkungen zu mindern und die Krisenursachen zu bekämpfen.
Der enge Dialog mit den Usern, aber auch die klare interne Kommunikation und Koordination bestimmen in dieser Phase den Alltag des Krisenmanagers.
Nachbereitung
Nach der Krise ist vor der Krise. Sobald die Krise vorüber ist und die Organisation langsam wieder zur Normalsituation übergeht, beginnt die Nachbereitung.
Je massiver die Krise, desto kostenintensiver ist die Nachbereitungsphase, denn möglicherweise sind technische Überarbeitungen von Produkten, Struktur- oder Strategieänderungen nötig.
Es sollte außerdem die Leistung der Organisation im Rahmen des Krisenmanagements analysiert werden. Eine Manöverkritik sollte Aufschluss darüber geben, was zur Krise geführt hat, wie gut die festgelegten Meldeketen und Eskalationsstufen funktioniert haben, wie schnell und gut die Maßnahmen gewirkt haben und ob der Krisenplan angepasst werden muss.
Neustart
Nach der Beseitigung der krisenauslösenden Ursachen muss das Vertrauen der Öffentlichkeit wiederhergestellt und das Image des Unternehmens aufpoliert werden. Gezielte kommunikative Maßnahmen zeigen transparent die Beseitigung der Missstände auf und stellen Vertrauen und Glaubwürdigkeit wieder her.
Je schwerer die Krise, desto umfangreicher ist auch die „heilende“ Kommunikation im Nachgang.
Das Profil des idealen Krisenmanagers
Neben dem fachlichen Handwerkszeug sind auch einige Kompetenzen und Soft Skills von Vorteil, wenn man Krisenmanager werden möchte. Dazu zählen u.a.:
Social Media Verständnis
Der natürliche Lebensraum eines Social Media Krisenmanager ist das Social Web und damit Netzwerke wie Twitter, Instagram oder Facebook. Um darin sicher navigieren zu können, ist ein Verständnis hinsichtlich der Wirkungsweisen, Dynamiken und Funktionen dieser Communities unerlässlich.
Teamfähigkeit
Krisen werden am besten im Team bewältigt. Einerseits, weil sowohl Lösungsfindung als auch Umsetzung in der Gruppe besser zu bewältigen sind. Andererseits, weil im Krisenfalle schnell reagiert werden sollte und die vielfältigen Aufgaben besser und schneller durch mehrere Personen bewältigt werden können.
Stressresilienz und Belastbarkeit
Krisenbewältigung kann stressig sein. Nicht nur, weil Krisenmanagement und -kommunikation schnell stattfinden müssen und wenig Zeit bleibt. Stress entsteht insbesondere auch, weil ungewohnte Situationen zu bewältigen sind und mit Negativem umzugehen ist. Krisen entstehen zudem meist nicht immer innerhalb der klassischen Bürozeiten. Überstunden und längere Arbeitstage lassen sich im akuten Krisenfall kaum vermeiden. Krisenmanager sollten also vor allem stressstabil sein.
Kommunikationsgeschick und Kreativität
Kommunikation ist im Krisenfall elementare Basis. Je besser, glaubwürdiger und faktenbasierter die Kommunikation, desto schneller kann die Krise bewältigt werden.
Auch Kreativität ist wichtig, denn Krisensituationen können nicht immer vorhergesagt und Lösungsszenarien vorbereitet werden. Antworten, Argumente und unkonventionelle Problemlösungen müssen spontan entstehen. Aber Achtung: Kreativität funktioniert am besten in entspannter Atmosphäre, mit positiver Zuversicht und Angstfreiheit. Umso herausfordernder ist es, Kreativität unter Druck zu entwickeln.
Beharrlichkeit und Durchsetzungsvermögen
Krisen bringen alles Gewohnte ins Wanken. Neue, unkonventionelle und vielleicht ungewöhnliche oder unbequeme Lösungen müssen her. Nicht immer finden alle Beteiligten diese Lösungen gut und müssen mit diplomatischem Geschick, Überzeugungskraft und sicherem Auftreten überzeugt werden.
Entscheidungs- und Führungskompetenzen
Ein Team in schwierigen Zeiten zu führen, erfordert ganz besonderes Fingerspitzengefühl. Mut, Entscheidungsfreude, Zuversicht, Vertrauen: Die richtige Führung ist in der Krise entscheidend. Alle Beteiligten müssen motiviert und angeleitet werden. Kräfte müssen gebündelt und gemanagt werden.
Tatkraft und Entscheidungsstärke verhindern Stagnation und Lähmung. Der Krisenmanager muss Verantwortung übernehmen und besonnene und vielleicht auch mutige Entscheidungen treffen.
Projektmanagement
Aufgaben und Aktivitäten müssen geplant, verschiedene Unternehmensbereiche und Gewerke miteinander verknüpft und Entwicklungen im Blick behalten werden. Ein gutes Organisationstalent und die Fähigkeit, auch in komplexen, undurchsichtigen Situationen den Überblick zu behalten, sind hilfreiche Fähigkeiten für Krisenmanager.
Was in Krisensituationen kontraproduktiv ist
Ein Krisenmanager ist niemals frei von Irrtümern oder Fehlern. Fehler gehören zur Krise dazu. Wichtig ist, dass Krisenmanager in der Lages sind, selbst zu reflektieren und lösungsorientiert und sachlich an der Problembehebung arbeiten.
Folgende Dinge helfen garantiert nicht weiter:
- Sich selbst persönlich angegriffen fühlen
- Schuldige suchen und anderen Vorwürfe machen
- Sich in Angst und Katastrophenszenarien hineinsteigern
- Resignieren und ohnmächtig & hilflos in eine Angststarre verfallen
- Alles alleine bewältigen wollen
- In wilden, blinden Aktionismus verfallen
- Emotional reagieren
- Andere unter Druck setzen
- Ausschließlich seine eigene Haut retten wollen
Ein Krisenmanager ist niemals frei von Irrtümern oder Fehlern. Fehler gehören zur Krise dazu. Wichtig ist, dass Krisenmanager in der Lages sind, selbst zu reflektieren und lösungsorientiert und sachlich an der Problembehebung arbeiten.
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